Private Krankenversicherer bilden Alterungsrückstellungen, um dem Umstand angemessen zu begegnen, dass ältere Versicherte höhere Kosten verursachen als junge versicherte Personen.
Der Beitrag für eine Krankenversicherung bildet sich aus mehreren Teilen, welche zusammengefasst in 3 Gruppen zusammengefasst werden können:
Kosten für das Risiko
Ganz gleich um was für eine Krankenversicherung es sich handelt, der größte Teil einer jeden privaten Krankenversicherung oder Krankenzusatzversicherung setzt sich aus dem Preis für das jeweilig eingeschätzte Risiko zusammen. Dieses ist in den meisten Fällen davon abhängig, welches Geschlecht die zu versichernde Person hat, wie der Gesundheitszustand bei Antragstellung ist und wie alt die zu versichernde Person ist.
Die insgesamt anfallenden Kosten für Behandlungen aller zu versichernden Personen einer Altersklasse und eines Geschlechts werden im Prinzip auf alle Beitragszahler umgelegt.
Daraus bildet sich dann eine Risikoprämie, die einen Großteil der zu zahlenden Monatsprämie ausmacht
Kosten für Verwaltung, Vertrieb, Marketing
Ein weiterer Bestandteil der zu zahlenden Versicherungsprämie sind die auf die versicherten Personen umgelegten Kosten für Verwaltung, Marketing und auch die Vertriebskosten, die bei Abschluss der Versicherung anfallen. Da diese Kosten nicht auf einen Schlag vom Versicherungsnehmer zu bezahlen sind, werden Sie einfach auf die ersten Jahre der Laufzeit umgelegt. Der Monatsbeitrag erhöht sich hierdurch geringfügig.
Das Geld was durch diesen Posten eingesammelt wird, steht natürlich nicht zur Leistungsausschüttung zur Verfügung, sondern wird zur Bezahlung der Löhne/Gehälter, Mieten, Vertriebskosten usw. verwendet, die beim jeweiligen Versicherungsunternehmen anfallen.
Alterungsrückstellungen (in jungen Jahr positiver Betrag, später Beitragssenkung)
Da die Kosten des Risikos mit dem Alter steigen, wird der Anteil der Risikoprämie am Gesamtbeitrag mit den Jahren natürlich größer. Um den Beitrag über die Jahre gemäß dem Eintrittsalter identisch zu halten, werden Alterungsrückstellungen gebildet. Der Versicherer sammelt also bei jungen Versicherungsnehmern mehr Geld ein als das Risiko und die Verwaltungskosten für diese Gruppe ausmacht. Die Differenz zwischen der zu zahlenden Prämie und den Kosten für das Risiko sowie den sonstigen Verwaltungskosten steht der Versicherung nun solange zur Verfügung bis die Risikokosten mit den Jahren soweit gestiegen sind, dass sie zusammen mit den Verwaltungskosten genauso hoch sind wie die zu zahlende Versicherungsprämie.
Dieser Mehrbeitrag wird auch Alterungsrückstellung genannt und steht dem Versicherungsunternehmen theoretisch solange zur Verfügung bis die Kosten für das Risiko genügend stark angestiegen sind. Mit diesem Geld arbeitet der Versicherer, wofür er dem Versicherungsnehmer fiktive Zinsen zahlt. Daraus errechnet sich ein Rabatt, der im Alter die zu zahlende Versicherungsprämie soweit senkt, dass sich diese nicht weiter erhöht sondern gemäß der Altersklasse bei Versicherungsbeginn identisch bleibt.
Die Alterungsrückstellungen werden jedoch nicht, wie viele denken in einem Spartopf angespart und schon gar nicht für jeden Versicherten einzeln. Vielmehr wird mit dem Großteil dieses Kapitals gearbeitet und es errechnet sich je nach Dauer der Zugehörigkeit eines jeden Versicherten zum Versichertenkollektiv eines Tarifs ein individueller Rabatt.
Niemand kann heute schon sagen, wie hoch genau die Auswirkung dieses Rabatts durch die Alterungsrückstellung in beispielsweise 30 Jahren für einen Versicherten sein wird. Darüber hinaus bildet jeder Versicherte unterschiedliche hohe Alterungsrückstellungen.
Die Tatsache, dass ein Tarif Alterungsrückstellungen bildet bedeutet nicht, dass sich der Beitrag für diese Versicherung nicht erhöht. Da durch die Inflation auch die Kosten im Bereich der Medizin und Zahnheilkunde stetig steigen, bedeutet die Bildung von Alterungsrückstellungen einzig und allein, dass eine Person stets den gleichen Beitrag zu zahlen hat wie eine andere versicherte Person, die zur gleichen Zeit mit dem gleichen Alter in den Tarif eingetreten ist.
Im Gegensatz zur gesetzlichen Krankenversicherung bildet die private Krankenversicherung fast immer Alterungsrückstellungen. Während die gesetzliche Krankenversicherung somit nicht weiß, wohin die Beitragsentwicklung bei der derzeitig düsteren demographischen Entwicklung führen wird, kann die private Krankenversicherung diesem Umstand entgegenwirken. In der GKV zahlen stets die jungen Beitragszahler die medizinischen Kosten der Rentner. Da es jedoch immer mehr ältere Menschen und weniger jüngere gibt, steigen die Beiträge ins unermessliche.
Das gesetzliche Krankenversicherungssystem hat hier allerdings die Möglichkeit einfach Leistungen zu kürzen oder zu streichen, um die Kosten zumindest etwas senken zu können.
Dies ist bei privaten Versicherungsverträgen im Bereich der Krankenversicherung nicht möglich und auch nicht gewünscht. Denn einmal zugesagte Leistungen sollen dem Versicherten besonders im Alter zustehen, wenn er sie meist braucht. Damit er sie dann noch finanzieren kann, zahlt er in jungen Jahren ein vielfaches mehr als er an Leistungen im Durchschnitt in Anspruch nimmt. Dies ist auch der Sinn der Sache, denn mit dem Mehrbeitrag (Alterungsrückstellungen) finanziert er und die anderen Versicherten seine hohen medizinischen Kosten im Alter.
Das was sich auf dem ersten Blick sehr gut anhört und es eigentlich auch ist, birgt besonders in einer “GEIZ IST GEIL”-Mentalität große Nachteile. Denn bei Abschluss einer privaten Krankenversicherung wird von vielen Interessenten nur auf den heutigen Preis geguckt. Also den Preis, der in jungen Jahren zu zahlen ist. Lockt ein Versicherer jedoch dadurch, dass er in seinen Prämien so gut wie keine Alterungsrückstellungen einkalkuliert hat, gerade diese Personen an, so ist dies höchst problematisch.
Eine private Vollversicherung kann in späteren Jahren bei Veränderungen des Gesundheitszustandes nicht ohne weitere gewechselt werden, zudem erhöht sich der Beitrag durch ein höheres Eintrittsalter. Ein Tarif der als Lockangebot kaum Alterungsrückstellungen bildet hat bei einem bestimmten angebotenen Leistungsspektrum nur eine Möglichkeit:
Da die Leistungen nicht gekürzt werden dürfen, wird der Beitrag einfach später angehoben. Da über die Jahre jedoch der Zinseszinseffekt durch das jahrelange Ansparen fehlt, wird die Beitragsanpassung im Alter enorm ausfallen und möglicherweise für den Versicherten nicht mehr zu bezahlen sein.
Zwar sind Alterungsrückstellungen nicht unbedingt notwendig, jedoch müsste dann der junge Versicherungsnehmer monatlich einen Beitrag selbst anlegen. Er könnte sich somit selbst Alterungsrückstellungen bilden und hätte eine wahrscheinlich sogar bessere Verzinsung, sowie einen ständigen Zugriff.
Kaum ein Existenzgründer kommt jedoch auf die Idee dies zu tun, somit sollte man sich zumindest im Bereich der Vollversicherung einen Tarif mit genügend großer Bildung von Alterungsrückstellungen suchen.
Auch im Bereich der Krankenzusatzversicherung werden Alterungsrückstellungen gebildet. Dadurch bleibt der zu zahlende Monatsbeitrag immer dem Beitrag einer Altersgruppe (nach Eintrittsalter) identisch.
Die Wichtigkeit der Bildung von Alterungsrückstellungen im Bereich der Krankenzusatzversicherung ist längst nicht so elementar wie bei der Krankenvollversicherung.
Denn zum einen ist der Versicherungsnehmer über die gesetzliche Krankenversicherung in der Regel zumindest mit dem lebensnotwendigen versorgt, so dass selbst eine Kündigung der Zusatzversicherung zwar ärgerlich, jedoch nicht lebensbedrohlich wäre. zum anderen sind die Monatsbeiträge für eine Krankenzusatzversicherung relativ niedrig, so dass die Beitragssprünge mit dem Anstieg des Alters ziemlich gering ausfallen und kaum ein finanzielles Problem für den Versicherungsnehmer bedeuten.
So bildet beispielsweise die Advigon für ihre Krankenzusatzversicherungen keine Alterungsrückstellungen. Trotzdem liegen die “Beitragssprünge” mit steigendem Alter im Centbereich und fallen kaum ins Gewicht. Im Alter bleiben die Monatsprämien gleich oder sinken sogar.
Insofern kann man sagen, dass Alterungsrückstellungen bei Krankenzusatzversicherungen weniger wichtig sind. Der Antragsteller sollte jedoch beim Vergleich mit anderen Tarifen, die mit Alterungsrückstellungen kalkuliert sind berücksichtigen, dass die höhere Prämie dort kein höheres Preisniveau darstellt, sondern eben aufgrund der Tatsache besteht, dass die Beiträge, außer bei Inflation, dort nicht jedes Jahr ansteigen.
Bei einer Krankenzusatzversicherung , die auf die Bildung von Alterungsrückstellungen verzichtet, zahlt der Versicherungsnehmer nur genau den Beitrag, den er seinem Alter nach zahlen muss, nicht mehr und nicht weniger. Bei einer frühzeitigen Kündigung, aus welchem Grund auch immer, geht somit auch kein Geld verloren.
Anbieter wie Arag, Allianz und Hallesche bilden in den meisten Tarifen Alterungsrückstellungen. Sinnvoll sind Alterungsrückstellungen insbesondere bei stationären Zusatzversicherungen, da hier die Risikokosten im Alter immens hoch werden. Bei Zahntarifen hingegen erreicht das Zahnersatzrisiko mit ca. 70 Jahren seinen Höhepunkt, dann sinkt es sogar wieder.