Die Politik denkt schon lange parteienübergreifend darüber nach, Selbstständige zur Altersvorsorge zu verpflichten. Wie dies gehen soll, darüber herrscht noch Uneinigkeit. Die einen tendieren zu einer freiwilligen Auswahl der Altersvorsorgelösung, die anderen wünschen eine Zwangsmitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV). Eines der Hauptargumente der Befürworter der zweiten Lösung liegt darin, dass die GRV damit einen Mittelzufluss erfahren würde, der mehr als notwendig sei.
Pflicht zur Altersvorsorge - sinnvoll oder nicht?
Max Straubinger (CSU), Mitglied im Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales, argumentiert, dass 40 Prozent der Bezieher von Grundsicherung nie Beiträge in die Gesetzliche Rentenversicherung geleistet hätten. Der Staat biete auch für Selbstständige im Rahmen der Rürup-Rente eine Möglichkeit der staatlichen Förderung beim Aufbau einer Altersvorsorge. Der CSU-Politiker geht davon aus, dass Selbstständige, die bislang noch keine aktive Altersvorsorge betreiben, ab dem 1. Januar 2020 dazu verpflichtet werden. Dabei müssen Strategien verfolgt werden, die am Ende eine Rente zahlen, die deutlich über der Grundsicherung liegt. Immerhin sieht der Koalitionsvertrag die Verpflichtung im Rahmen des Rentenpaketes II vor.
Straubinger sieht besonders bei Solo-Selbstständigen Handlungsbedarf. Sein Ausschusskollege Kober (FDP) argumentiert, dass dieser Personenkreis durchaus über die finanziellen Möglichkeiten verfüge, aber lieber konsumiere als spare.
Angenommen, ein 60jähriger Selbstständiger, der zwar über eine entschuldete Immobilie verfügt, aber sonst keine Vorsorge getroffen hat, wäre gezwungen, einen Kapitalstock von 250.000 Euro aufzubauen, beispielsweise in Form einer Rürup-Rente bzw. Basisrente. Die geplante Gesetzgebung sieht vor, dass die lebenslange Rente hoch genug sein muss, dass der Bezieher nicht in die Zielgruppe der Grundsicherungsempfänger fällt.
Der monatliche Beitrag für die Dauer der restlichen Arbeitszeit von sieben Jahren läge bei einer Verzinsung von drei Prozent bei 2.675 Euro. Unterstellt man das durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen eines Soloselbstständigen im Jahr 2014 von 1.646 Euro, wird es knapp (Quelle: Bundesministerium Arbeit und Soziales, Forschungsbericht Solo-Selbstständige in Deutschland, Mai 2016).
Der Koalitionsvertrag sieht aber auch die Wahlmöglichkeit, das „opting out“ vor. Selbstständige können einmalig entscheiden, ob sie sich über die gesetzliche Rentenversicherung absichern, oder eine private Vorsorgelösung wählen. Bleiben wir bei dem Beispiel des 60jährigen. Welche Rente hat er nach, sagen wir 35 Jahren Selbstständigkeit, von der GRV zu erwarten, selbst wenn er noch sieben Jahre den Höchstbetrag einzahlt? Die Forderung von Max Straubinger nach einer Rente, die über der Grundsicherung liegt, konsequent umgesetzt, würde dies eine Kreditaufnahme verlangen, um einen Einmalbeitrag zu finanzieren.
Die Bundesregierung wird nicht umhin kommen, in Bezug auf Selbstständige und Rentenversicherung aktiv zu werden. Es stellt sich nur die Frage, welche Wege den Betroffenen offen bleiben, ob es die Mitgliedschaft in der GRV sein muss, oder ob entschuldete oder fremd vermietete Immobilien oder ein Wertpapierdepot nicht gleichermaßen anerkannt werden. Und es bleibt die Frage nach der Altersgrenze. Mit 60 noch für fünf Jahre in die GRV einzubezahlen, entbehrt jeder ökonomisch-logischen Grundlage.